Ich war natürlich neugierig, wie sich das in der Praxis auswirkt.
Seit vier Tagen stehe ich nun selbst in Roquetas de Mar und schaue mir die aktuelle Situation an. Der erste Eindruck ist - es hat sich noch nichts geändert.
Die klassischen Stellen sind voll mit Wohnmobilen wie eh und je.
Vor allem auf den Parkplätzen an der Playa Serena ganz im Süden von Roquetas de Mar
und auch im Norden auf dem großen unbefestigten Platz an der Playa Roquetas
Zusätzlich gibt es noch viele Wohnmobile, die einfach auf den Parkstreifen entlang der Straßen stehen.
Ich habe zwar nicht genau gezählt, aber es sind wahrscheinlich weit über 200 Wohnmobile in der Stadt. Und das schon seit mehreren Monaten.
Vor gut drei Jahren habe ich das erste Mal über die Wohnmobil-Invasion in Roquetas de Mar berichtet (siehe "Ärger in Roquetas de Mar"). Seit damals hat sich nichts grundlegend geändert, die Fotos sind austauschbar - es sind nur noch mehr Wohnmobile geworden.
Um diesen Trend zu stoppen wurde im vergangenen Jahr eine Ordenanza Municipal (deutsch: städtische Verordnung) beschlossen, die dem "illegalen Dauercamping" ein Ende bereiten soll.
Am 1.Dezember 2017 wurde die "Städtische Verordnung zur Regulierung des Parkens und Übernachtens mit dem Wohnmobil im Stadtgebiet von Roquetas de Mar" im offiziellen Presseorgan der Provinz Almería veröffentlicht und trat damit in Kraft.
Die Artikel 1 bis 3 enthalten Definitionen und allgemeines warum-und-wieso.
Artikel 4 enthält Bestimmungen zum zeitlich begrenzten Parken.
Zuerst wird das Recht der Wohnmobilisten anerkannt, jederzeit und überall entsprechend der gültigen Verkehrsgesetze parken zu dürfen, nur eingeschränkt durch andere Gesetze (z.B. Naturschutz) oder durch Bedingungen dieser Verordnung.
Dabei wird für den Begriff Parken die inzwischen in ganz Spanien anerkannte Definition zu Grunde gelegt, dass das Fahrzeug mit allen Rädern auf der Straße stehen muss, und keine Teile (z.B. offene Seitenfenster) über den Umfang des fahrbereiten Fahrzeugs hinausragen dürfen. Natürlich dürfen auch keine Flüssigkeiten (z.B. Abwasser) abgelassen werden und kein Krach durch laufenden Motor/Generator erzeugt werden (dafür gibt es eine eigene Lärm-Verordnung).
Ganz wichtig ist die Regel, dass es völlig egal ist, ob sich beim Parken jemand im Fahrzeug aufhält oder nicht, unabhängig von der Tageszeit. Wichtig ist nur, dass die Aktivitäten im Fahrzeug keine Außenwirkung haben. (z.B. durch offene Türen oder laute Musik).
Damit ist grundsätzlich das Übernachten im Wohnmobil auf öffentlichen Parkplätzen erlaubt.
Artikel 5 beschreibt die Einrichtung spezieller Wohnmobil-Parkplätze.
Es werden 3 Park-Zonen für Wohnmobile eingerichtet. Zone 1 im Bereich der Urbanisation am Playa Serena, Zone 2 in Roquetas de Mar, Zone 3 in Aguadulce.
In diesen Park-Zonen gilt das in Artikel 4 allgemein definierte Parken mit der Erweiterung, dass man auch die seitlichen Fenster aufmachen darf.
Außerdem wird eine zeitliche Begrenzung von 72 Stunden hintereinander innerhalb der selben Woche festgeschrieben.
Natürlich ist auch in diesen speziellen Wohnmobil-Park-Zonen kein Camping erlaubt.
Explizit untersagt sind Stützen und Nivellierungshilfen, Tisch, Stühle oder sonstiges Mobiliar, das Aufhängen von Wäsche oder das Ablassen von Flüssigkeiten.
Artikel 6 beschäftigt sich mit Parkverboten.
Neben den üblichen Stellen wie Kurven oder Radwege sollten Wohnmobilisten wegen der Größe ihrer Fahrzeuge besonders darauf achten, keine Schilder zu verdecken oder irgendwie den Verkehr zu behindern, auch nicht für kurze Zeit.
Auch wenn es hier nicht explizit aufgeführt ist, sollte man beim Parken nicht den Bürgersteig mit benutzen und z.B. durch einen langen Überhang die Fußgänger behindern.
Artikel 7 beschreibt Stellplätze sowie Ver- und Entsorgungsstationen.
Ergänzend zu den speziellen Wohnmobil-Park-Zonen werden hier die Anforderungen an mögliche Wohnmobil-Stellplätze beschrieben. Dazu gehört vor allem, dass dort die meisten Einschränkungen der reinen Park-Zonen entfallen, insbesondere dürfen dort Tisch und Stühle raus gestellt werden.
Es wird auch festgelegt, dass in einer weiteren Verordnung möglicherweise ein Nutzungspreis festgelegt wird.
Artikel 8 zählt die Pflichten der Wohnmobilisten auf.
Eigentlich stehen hier selbstverständliche Dinge, aber die Realität zeigt immer wieder, dass so mancher Punkt offenbar nicht für jeden selbstverständlich ist.
- Es geht um respektvollen Umgang mit der Natur, mit der Umwelt allgemein, und natürlich mit den anderen Besuchern und Einwohnern der Stadt.
- Auch der Verzicht auf Belästigungen durch Musikgeräte, Fernsehen oder sonstige Lärm erzeugende Geräte wie z.B. Strom-Generatoren, und die Vermeidung von Belästigungen durch Haustiere gehört zu den Pflichten.
- Beim Parken wird erwartet, dass man nur den unbedingt nötigen Platz beansprucht, und dass man weder den fließenden Verkehr noch Fußgänger behindert. Auch die Sicht auf historische oder sonstige Monumente darf nicht eingeschränkt werden.
Besonders interessant ist das folgende:
- Zur Nutzung der speziellen Park-Zonen soll man der Stadt unter anderem den Zeitpunkt der Ankunft und die genutzte Zone mitteilen.
- Um den Ordnungshütern die Arbeit zu erleichtern, soll man ein entsprechendes Ticket gut sichtbar hinter die Windschutzscheibe legen.
Das Ganze soll über ein Online-Formular auf der Homepage der Stadt erfolgen.
Artikel 9 bis 11 beschäftigen sich mit den Sanktionen bei Verstößen.
Als leichtes Vergehen werden das Nutzen der Stühle vor dem Wohnmobil oder das Überziehen der maximalen Aufenthaltsdauer von 72 Stunden eingestuft. Hier liegen die Strafen zwischen 50 € und 200 €.
Richtig teuer kann es bei besonders schweren Verstößen werden, z.B. Müll oder Abwasser nicht korrekt entsorgen. Dann können zwischen 500 € und 1000 € fällig werden.
Quintessenz
Auf den ersten Blick scheint die neue Wohnmobil-Verordnung in Roquetas de Mar eine deutliche Verschlechterung für die Wohnmobilisten darzustellen.
Aber so einfach ist das nicht!
1.
Es gibt nicht "die Wohnmobilisten", sondern jeder ist individuell.
Neben den Langzeit-Campern, die mit Begeisterung monatelang in Roquetas de Mar stehen, gibt es andere, die gern ein paar Tage hier verbringen würden, aber keine Lust haben, sich mit einem selbsternannten "Bürgermeister", "Platzwart" oder sonstigen unsozialen Elementen herum zu ärgern.
2.
Es wird eine offizielle Ver- und Entsorgung geben.
Man muss nicht viel Phantasie haben, um sich vorzustellen, welche Mengen an täglichem Abwasser und Fäkalien bei über 200 Wohnmobilen entstehen, und wo es schließlich landet. Ein Teil der Wohnmobilisten leert die WC-Kassette in Revisionsöffnungen der Kanalisation. Das ist vielleicht nicht ganz so schlimm, wie die Entsorgung irgendwo hinter einem Busch, aber es ist genau so verboten!
3.
Die Wohnmobil-Zonen gelten ganzjährig.
Man muss sich keine Gedanken mehr machen, ob noch Nebensaison ist und man noch toleriert wird. Man ist ganzjährig gern gesehener Gast, solange man sich an simple Regeln hält.
4.
Wermutstropfen "Anmeldung".
Die Pflicht, sich per Online-Formular anzumelden, bevor man eine der Park-Zonen nutzt, ist ein Ansatz, der in meinen Augen nicht praktikabel ist. Es ist in diesem Zusammenhang noch vieles unklar, z.B. ob auch persönliche Daten registriert werden sollen. Das geplante Online-Formular habe ich noch nicht gesehen. Und dass jeder einen Online-Zugang hat, kann man auch nicht voraussetzen.
In ganz Spanien geht die Entwicklung hin zu einem regulierten Wohnmobil-Tourismus weiter. Das ist nicht überall als Fortschritt zu bezeichnen, oft ist es nur eine Einschränkung der Möglichkeiten. Hier in Roquetas de Mar hat man meiner Meinung nach einen brauchbaren Kompromiss gefunden, der vor allem zu Lasten der "Freisteher" und "Dauercamper" geht. Und das war wohl auch die Absicht.
Eine Aufenthaltsdauer von 72 Stunden ist in der hier vorgesehenen Form (nach meiner Interpretation des Textes) keine "harte" Einschränkung. Man kann alle drei Tage zwischen den 3 Park-Zonen wechseln ohne die Stadt verlassen zu müssen. Das ist etwas Neues.
Wenn demnächst tatsächlich die angekündigte Ver- und Entsorgungsstation eingerichtet wird, wäre ich erst einmal zufrieden.
Mit der Einführung der Kostenpflicht könnte sich die Stadt ruhig etwas Zeit lassen, und auf die Anmeldeformalitäten könnte sie eigentlich ganz verzichten.
Egal, was passiert, ich werde zu gegebener Zeit darüber berichten.