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In der Welt der Wohnmobilisten-on-Tour dreht sich fast alles um die Fragen

  • Wo kann ich ruhig und sicher stehen und übernachten ?
  • Wo kann ich den Wassertank auffüllen ?
  • Wo kann ich Abwasser und WC entsorgen ?

In Ländern wie Deutschland oder Frankreich heißt die Antwort "Wohnmobil-Stellplatz".

In Spanien hört man leider noch zu oft die Antwort "Campingplatz".

Auch die betroffenen Politiker und Behörden machen da keine Ausnahme - viele von ihnen denken, dass Wohnmobile auf einen Campingplatz gehören.

Der zugrundeliegende Ansatz ist ein einfaches Schwarz-Weiß-Denken:

wenn man nicht gerade herumfährt kann man mit einem Wohnmobil entweder parken (im Sinne der Straßenverkehrsordnung) oder es handelt sich um Camping.

Das Haupt-Thema in der Welt der spanischen Wohnmobilisten trägt demnach die Überschrift "aparcar - acampar" (auf deutsch: parken oder campen).

"Freies" Campen (also außerhalb von offiziellen Campingplätzen) ist in Spanien überall verboten und an vielen Stellen, z.B. direkt am Strand oder in Naturschutzgebieten, mit hohen Strafen bedroht.

Als Wohnmobil-Reisender in Spanien sollte man die Sicht der Spanier respektieren - auch wenn das "freie Campen" oft folgenlos bleibt.

Was ist denn nun genau der Unterschied zwischen Parken oder Campen ?

Es gibt zwar kein Gesetz oder eine gefestigte Rechtsprechung auf die man sich berufen kann. Es haben sich aber in den letzten Jahren einige Punkte herausgebildet, die die beiden Begriffe beschreiben.

Ein Fahrzeug parkt ...

... wenn es mit allen Rädern auf der Straße steht,
... keine Stabilisator-Füße ausgefahren hat,
... nicht mehr Raum einnimmt, wie während der Fahrt.

d.h. Keile zum Niveauausgleich, geöffnete seitliche Ausstellfenster und ausgefahrene Trittstufen sind ein Zeichen dafür, dass es sich nicht um Parken handelt.

Es handelt sich auf jeden Fall um Camping ...

... wenn Tisch und/oder Stühle rausgestellt werden,
... die Markise ausgefahren wird,
... Grill oder Wäscheleinen/-ständer im Einsatz sind.

Ist Übernachten im Wohnmobil auch Camping ?

Diese Frage ist dahingehend von der spanischen Regierung beantwortet worden, dass es im Rahmen des Verkehrsgesetzes keine Rolle spielt, was man im Wohnmobil treibt, solange es keine störenden Auswirkungen nach Außen hat. D.h., wenn das Parken nachts erlaubt ist, kann man eben auch im Wohnmobil übernachten.

Nun könnte man meinen, wenn man die obigen Definitionen korrekt befolgt, gäbe es keine Probleme mehr. Das ist aber leider nicht so, denn das Parken von Fahrzeugen ist nur außerhalb von Ortschaften durch das übergeordnete spanische Verkehrsgesetz geregelt. Innerhalb von Ortschaften ist der ruhende Verkehr Sache der jeweiligen Stadt (wie in Deutschland).

Das Parken wird per Verordnung (spanisch: Ordenanza Municipal, oder kurz: OM) geregelt.

NoParkingLeider haben viele Städte in der Vergangenheit diese Möglichkeit missbraucht und für die ganze Stadt ein Parkverbot für Wohnmobile erlassen. Das ist in Spanien illegal, weil es im Widerspruch zum übergeordneten Verkehrsrecht steht. Dort muss für ein Parkverbot ein sachlicher Grund vorliegen und es dürfen eben nicht ganze Klassen von Fahrzeugen diskriminiert werden.

Ob eine spezielle OM gegen das Gesetz verstößt, müsste natürlich erst in einem Gerichtsverfahren geklärt werden, und das ist in Spanien noch schwieriger als in Deutschland. Für Touristen keine gute Idee - man braucht viel Zeit!

Die Entwicklung geht aber in die richtige Richtung

Immer mehr Städte erlassen eine OM, in der zwar für Wohnmobile bestimmte Bereiche gesperrt werden, dafür aber an anderer Stelle spezielle Wohnmobil-Parkzonen ausgewiesen werden.

In diesem Zusammenhang wird meist auch die erlaubte Parkdauer festgelegt. Im allgemeinen hat sich inzwischen ein Zeitraum von 48 Stunden durchgesetzt, aber es gibt auch nur 24 Stunden oder 72 Stunden und mehr.

Wenn man länger verweilt als erlaubt, wird das oft automatisch als Camping eingestuft.

Und woher weiß man, ob in einer bestimmten Stadt eine OM für oder gegen Wohnmobile existiert?

Im allgemeinen sorgen die Städte durch geeignete Schilder für die entsprechende Information. Dabei sind sie oft sehr kreativ bei der Gestaltung. Eigentlich sind nur die im Verkehrsgesetz abschließend aufgezählten Verkehrsschilder zulässig, eventuell mit Zusatzschildern. Man sieht aber auch viele Schilder, die oft nicht eindeutig sind, so dass man über die wahre Bedeutung nur spekulieren kann.

Beliebt ist z.B. die Symbolik mit durchgestrichenen Caravans oder Zelten, manchmal auch mit dem Hinweis, dass Campen verboten sei (Prohibido Acampar). So ein Schild ist eigentlich überflüssig, denn Campen außerhalb von Campingplätzen ist generell verboten.

NoAcampadaWenn das Schild gar kein Wohnmobil-Symbol enthält, gilt es dann trotzdem für Wohnmobile?

Und auch wenn das Schild ein durchgestrichenes Wohnmobil enthält - ist dann automatisch auch das Parken verboten?
Oder nur das Übernachten?

Um ruhig schlafen zu können, meide ich solche Plätze, auch wenn ich weiß, dass dadurch die Stadt genau das erreicht, was sie mit legalen Mitteln kaum durchsetzen könnte.
Meine Ruhe ist mir wichtiger.


Update 12.7.2023

Ab heute gilt eine neue Veröffentlichung der DGT (= Dirección General de Tráfico, der Verkehrsbereich innerhalb des Innenministeriums), wo zum Thema Parken und Übernachten die schon seit vielen Jahren bekannten Definitionen (siehe oben) nun endlich zu Papier gebracht wurden.
Das Dokument heißt Instrucción PROT 2023/14 und ersetzt den 15 Jahre alten Vorgänger mit dem Namen Instrucción DGT 08V-74.

Beim Vergleich der beiden Dokumente habe ich keine substantiellen Neuerungen gefunden, allerdings wurde durch das schriftliche Fixieren einiger Definitionen und Auslegungen des Gesetzestextes, insbesondere bezüglich des Parkens von Fahrzeugen, etwas mehr Rechtssicherheit erreicht.

Leider bleiben immer noch einige Probleme auf dem Tisch, denn z.B. wurde nichts dazu ausgeführt, welche Bedeutung bzw. Rechtsfolgen die oft frei erfundenen Schilder der Städte haben (siehe oben).

In der Praxis wird sich also so schnell nichts ändern, denn die zur Zeit vorhandenen Ordenanzas Municipales, bleiben natürlich weiter in Kraft und man sollte sich daran halten. Es steigen aber die Chancen, bei einem eventuellen Einspruch gegen ein Bußgeld wegen "Campingartigen Verhaltens" am Ende vor Gericht Recht zu bekommen - vorausgesetzt, man hat wirklich nur geparkt (im Sinne der nun festgelegten Definition), denn in der neuen Instruktion steht jetzt explizit:

Estacionar no es acampar  -  Parken ist kein Camping


Zum Nachlesen im Original:

>>> Instrucción PROT 2023/14 [.pdf]    (aktuell gültig)

>>> Instrucción DGT 08V-74     [.pdf]