Vor ein paar Jahren stand ich das erste Mal vor einer völlig neuartigen Ver- und Entsorgungsstation für Wohnmobile, die anders als alle mir bis dahin bekannten Systeme ein Computer-Display (Touch-Screen) hatte, über das man mehrere Funktionen steuern konnte.
Eine Firma aus der Region Extremedura hatte unter dem Namen Protecex (Proyectos Tecnológicos Extremeños S.L.) diese auffälligen, grünen Automaten entwickelt und auf kommunalen Stellplätzen in der Extremadura untergebracht.
Historie
Schon bei meiner ersten Begegnung mit einem Protecex-Automaten im Sommer 2014 in Moraleja fiel mir auf, dass die Bedienung des Gerätes nicht sehr intuitiv oder selbsterklärend war. Das wäre aber unbedingt nötig gewesen, weil die Übersetzung in die deutsche Sprache sehr mangelhaft war. Ich habe das damals unter Kinderkrankheiten abgelegt.
Inzwischen sind mehr als 3 Jahre vergangen, und es hat sich in dieser Hinsicht nicht viel geändert - die vermeintlichen Kinderkrankheiten sind Teil des Systems.
Die ersten Protecex-Automaten wurden nur für einfache Ver- und Entsorgung eingesetzt, also WC-Kassette leeren und Wasser tanken. Dafür war das System "überqualifiziert" und vermutlich unverhältnismäßig teuer. Die Folge war, dass erstmalig für kommunale Ver- und Entsorgung Geld verlangt wurde.
Das wiederum machte die Integration eines Bezahl-Mechanismus notwendig, was die Sache natürlich weiter verkomplizierte.
Im Normalfall benötigte man eine Kreditkarte zum Bezahlen. Da anfangs noch nicht alle europäischen Kredit- oder Bankkarten akzeptiert wurden, stand so mancher Wohnmobilist mit seiner vollen WC-Kassette vor einem unwilligen Automaten, der partout nicht die Klappe zur Entsorgung öffnen wollte.
Die Folgen waren mit Gewalt geöffnete und damit zerstörte Entsorgungsklappen, verschmutzte Abwasser-Gullys und Wartungs- und Reparaturkosten, die offenbar den Kommunen zu teuer wurden.
Inzwischen sind schon mehrere Protecex-Automaten aus den verschiedensten Gründen nicht mehr in Betrieb (Moraleja, Jerte, Baños de Montemayor, Puerto Roque, Plasencia).
Im letzten Jahr hat die Firma Protecex einen Großkunden an Land gezogen - die Puertos de Andalucía. An bisher 4 Standorten (Ayamonte, Chipiona, Barbate, Caleta de Vélez) wurden Wohnmobil-Stellplätze in den Sportboot-Häfen eingerichtet und mit den grünen Automaten ausgestattet.
Diesmal wurde aber von der automatischen Steuerung mehr verlangt als nur die Ver- und Entsorgung. Auch die Stromversorgung und vor allem die Zugangskontrolle mit einer Schranke sind Aufgabe des Protecex-Automaten.
Gleiche Systeme gibt es inzwischen auch in LLanes, Las Pajanosas und Alicante.
Was an sich schon eine Steigerung der Komplexität darstellt und neue Fehlerquellen beinhaltet, wird durch weitergehende Forderungen von Behördenseite schließlich richtig unhandlich.
In den Systemen, die auch zur Verwaltung von Übernachtungen eingesetzt werden, ist es inzwischen erforderlich, ein Registrierungsformular auszufüllen.
Einen Hinweis auf den Datenschutz habe ich in diesem Zusammenhang übrigens noch nie gesehen!
Was sich wie eine zeitgemäße Entwicklung anhört, führt in der Praxis leider häufig zu Komplikationen. Ich habe die meisten installierten Protecex-Automaten persönlich in Augenschein genommen, und noch nie hat irgend etwas auf Anhieb funktioniert.
Inzwischen habe ich durch etliche (Fehl-)Versuche die Ablauf-Struktur einigermaßen durchschaut und versuche sie im folgenden wiederzugeben.
Die Anzeigen und die Auswahlmenüs auf den Displays haben sich im Laufe der Zeit geändert und können bei den verschiedenen Standorten unterschiedlich sein.
Unabhängig von der Darstellung gibt es aber einen allgemeinen Dialog-Ablauf bei allen Systemen. Da dieser Ablauf eigentlich nirgendwo korrekt, und schon gar nicht auf deutsch erklärt wird, versuche ich die Sache zu erläutern.
Dabei kann ich kein komplettes Handbuch für jeden Eventualfall liefern, da ich ursprünglich bei der Nutzung der Anlagen darauf gar nicht vorbereitet war. Die Fotos sind leider auch oft von schlechter Qualität, was aber der Realität entspricht, denn bei Sonneneinstrahlung ist auf den Displays fast nichts zu erkennen.
Ich beschränke mich auf das Prinzipielle und einzelne Beispiele. Damit sollte die Bedienung der verschiedenen Protecex-Automaten aber möglich sein.
Anfahrt zur Schranke
Das Ganze beginnt damit, dass man mit dem Wohnmobil ankommt und sich mehr oder weniger zufällig irgendwie hinstellt. Damit hat man vielleicht schon den ersten "Fehler" gemacht.
Bei einer reinen Ver- und Entsorgungsstation ist es natürlich egal, wie man steht, aber bei einer Stellplatz-Einfahrt mit einer Schranke sieht das schon anders aus.
Vor der Schranke ist im allgemeinen ein Bereich markiert, in dem man möglichst genau das Wohnmobil anhalten muss. Denn nur dort kann die installierte Kamera das Nummernschild richtig lesen.
Das korrekte Erfassen des Kfz-Kennzeichens ist unbedingt notwendig, sonst gibt es Probleme beim Verlassen des Stellplatzes. Bei den neuen Systemen wird angezeigt, welches Kennzeichen erkannt wurde, und man bekommt die Möglichkeit, Lesefehler manuell zu korrigieren.
Bevor sich die Schranke schließlich öffnet, muss man sich über das Display anmelden und bezahlen.
Nur auf den Stellplätzen der Puertos de Andalucía habe ich eine vernünftige Kurzdarstellung für den allgemeinen Ablauf gefunden:
Startbild und Service-Auswahl
Das Display sollte, spätestens wenn man es einmal berührt hat, als Startbild die Auswahl der Sprache anzeigen. Zum Startbild gelangt man auch später von jeder Stelle aus mit der "Pfeil"-Taste am linken Bildschirmrand (eventuell mehrfach drücken). Wenn man einfach nichts tut und abwartet, geht das System nach einiger Zeit von selbst zurück zum Startbild.
Bevor es weitergeht muss man eine Sprache auswählen (d.h. auf die entsprechende Flagge tippen). Wer jetzt "Deutsch" wählt, benötigt später etwas Phantasie, um den Ablauf zu verstehen, denn die Übersetzung ist an manchen Stellen falsch und missverständlich. Wer etwas Spanisch oder Englisch versteht sollte besser eine dieser Sprachen wählen.
Als nächstes muss man den gewünschten Service wählen.
Bei den alten, einfachen Automaten ohne Zugangskontrolle entscheidet man sich für die Ver- und Entsorgung, indem man auf die Ziffer "1" tippt (linkes Bild). Die neueren Systeme mit mehr Funktionalität bieten an dieser Stelle die Auswahl der Services über entsprechende Symbole (rechtes Bild).
Bezahlvorgang
In den meisten Fällen sind die angebotenen Services (Wasser, Strom, Übernachtung,...) kostenpflichtig, d.h. es folgt nun der Bezahlvorgang mit einer Kreditkarte.
Dazu wird in einem neuen Bild der Preis angezeigt, den man bestätigen muss. In neueren Systemen sieht das Bild etwas anders aus, sollte aber den gleichen Inhalt haben.
Die eigentliche Bezahlung per Kreditkarte erfolgt über einen Standard-Kartenleser oder NFC-Leser der Firma Verifone. Dazu wird man in einem neuen Bild auf dem großen Display darauf hingewiesen, dass man nun auf das kleine Display des Kartenlesers schauen soll, weil dort die nächsten Schritte erfolgen.
Der Bezahlvorgang läuft dann genau so ab, wie an jeder Supermarkt-Kasse. Die Aufforderungen in dem kleinen Display sind in spanischer Sprache.
Hier steht auf deutsch: "Lesevorgang. Karte einstecken oder annähern". Mit "annähern" ist die Nutzung der NFC-Funktion gemeint.
Nach Abschluss des Bezahlvorgangs kann man dann je nach gewähltem Service mit der Ver- und Entsorgung beginnen, oder die Schranke öffnet sich und man kann auf den Stellplatz fahren.
Ver- und Entsorgung
Die "Abwasserentsorgung und Trinkwasserversorgung" bzw. "Trinkwasser und Reinigung" gehören immer zusammen und laufen direkt nacheinander ab.
Es beginnt mit dem Öffnen der Klappe zur WC-Kassetten-Leerung, dann folgt ein Spülgang für die WC-Kassette, dann schließt die Klappe. Danach wird der Abwasser-Gully gespült, und erst dann kann man Trinkwasser zapfen.
Während das Trinkwasser läuft kann man mit einem "Pause"-Knopf das Wasser stoppen und später fortsetzen.
Bei den neueren Anlagen sehen die obigen Bilder etwas anders aus (z.B. läuft ein Balken über den Bildschirm, der die Menge des schon eingefüllten Wassers darstellt, anstelle der einfachen Liter-Angabe), aber immer hat man die Möglichkeit den Wasserfluss zu unterbrechen und fortzusetzen.
(Übrigens: zu dem deutschen Hinweis-Text "Entfernen Sie die Gegenstände und drücken" fällt mir nichts ein...).
Wichtig!
Bei der Nutzung der Ver- und Entsorgung sollte man alles griffbereit haben, was man benötigt (volle WC-Kassette, Trinkwasserschlauch, Gewinde-Adapter). Denn die einzelnen Schritte sind auch zeitgesteuert. D.h. wenn man nichts tut oder sich zu lange Zeit lässt, dann passieren die nächsten Schritte im allgemeinen plötzlich von allein. Z.B. beginnt irgendwann das Spülwasser für die WC-Kassette zu laufen, unabhängig davon, ob man seine WC-Kassette schon geleert hat, und danach schließt die WC-Klappe!
Übernachtung mit Zugangskontrolle
Auf kostenpflichtigen Stellplätzen mit Zugangskontrolle und einer Schranke an der Ein- und Ausfahrt ist der Ablauf viel komplizierter als bei einer einfachen Ver- und Entsorgung.
Auf den Displays der Stellplätze in den Puertos de Andalucía findet man die Auswahl "Zutrittskontrolle und Parkplatz", auf anderen Stellplätzen eventuell nur das "P"-Symbol. Damit eröffnet man den Dialog zur Buchung einer nummerierten Parzelle und deren Bezahlung.
Bevor man aber damit beginnen kann, wird man aufgefordert, ein Registrierungsformular auszufüllen:
Das linke Bild sieht man, wenn man sich beim Start für die deutsche Sprache entschieden hat. Mit etwas Phantasie kann man ahnen, was gemeint ist. Auf dem rechten Bild ist der spanische Original-Text zu sehen.
Frei übersetzt steht dort: "Um den (Stellplatz-)Bereich zu nutzen, ist es notwendig, sich vorher zu registrieren. Wenn du schon Nutzer dieses Stellplatzes bist, gib deine DNI oder Passnummer ein und drücke auf Bestätigen (=Acceder). Wenn nicht, drücke auf Registrieren (=Registrarse) um dich anzumelden."
Der Text "Uhr in diesem Bereich registriert" ist natürlich Quatsch und sollte heißen: "Ich bin auf diesem Stellplatz registriert", und statt "Log" sollte besser "Bestätigen" auf dem grünen Knopf stehen.
Wenn man auf dem Stellplatz ankommt, wird man sich zuerst registrieren müssen, also auf den gelben "Register"-Knopf tippen. Dann erscheint das eigentliche Registrierungsformular (linkes Bild):
Die Eingabefelder "ID/Reisepass", "Namen", "Nachname" und "Herkunftsland" müssen ausgefüllt werden. Der blaue "Suche"-Knopf erlaubt die Auswahl aus einer vorgegebenen Länderliste (Deutschland heißt hier "Germany").
Wenn eins der genannten Felder nicht ausgefüllt ist, erscheint eine Fehlermeldung wie im rechten Bild. Sie verschwindet nach kurzer Zeit von selbst, man kann sie aber auch durch Tippen auf "Deal" oder das Kreuz schließen.
Bevor man zum Abschluss der Registrierung auf den grünen "Register"-Knopf tippt, muss man in der Zeile darüber vor dem Text "Ja, ich habe gelesen, und die Allgemeinen Geschäftsbe..." durch Tippen auf das graue Kästchen einen Haken machen.
Die korrekte Übersetzung muss natürlich heißen "Ich habe die AGB gelesen und akzeptiere sie". Das Problem ist, dass die AGB nur in spanischer Sprache vorliegen (zumindest habe ich noch keine Übersetzung gefunden).
Die neueste Software-Version, die ich auf dem Stellplatz in Las Pajanosas gesehen habe, geht bei der Registrierung noch einen Schritt weiter und erwartet am Ende der Datenerfassung eine Unterschrift, die man auf dem Display irgendwie mit dem Finger malen soll. Absurd.
Da das System (noch) nicht die Korrektheit der Eingaben prüfen kann, muss man weder bei der Registrierung noch bei der eventuellen Unterschrift die tatsächlichen persönlichen Daten eingeben. Es geht auch mit irgendwelchen fiktiven Daten. Allerdings wird im allgemeinen zum Schluss eine Quittung ausgedruckt, die dann natürlich die fiktiven Daten enthält, was bei einer möglichen Kontrolle zu Komplikationen führen kann.
Parzelle auswählen
Mit der Registrierung hat man die Voraussetzung geschaffen, eine Übernachtung zu buchen und zu bezahlen.
Dazu muss man im nächsten Schritt eine Parzelle auswählen. In dem für jeden Stellplatz individuellen Übersichtsplan tippt man auf eine der grünen Nummern. Das kann man später nicht mehr ändern, also vorher eine Platzbesichtigung machen!.
Es folgt die Anzeige des Übernachtungspreises für einen Tag. Hier kann man auch gleich für 2 Tage buchen. So weit ich mich erinnere, wird dazu einfach ein Plus-Zeichen (+) gedrückt.
Der Bezahlvorgang entspricht dann dem oben beschriebene Ablauf.
Wenn der Bezahlvorgang korrekt abgeschlossen wurde, öffnet sich die Schranke.
Jetzt sollte man nicht lange herum trödeln, denn nach einiger Zeit schließt sich die Schranke wieder. Das gilt auch, wenn man auf einem Stellplatz wie in Ayamonte, der keine Induktionsschleifen im Boden hat, durch die Lichtschranke läuft (oder der Hund oder ein Kind...), bevor man mit dem Wohnmobil durchgefahren ist.
Dann hilft nur noch ein Anruf bei der Hotline. Die Telefon-Nummer ist normalerweise irgendwo angegeben. Da man mit dieser Telefon-Nummer ein Call-Center erreicht, das für alle Protecex-Anlagen zuständig ist, sollte man unbedingt den Stellplatz nennen, auf dem man gerade steht, damit nicht in einem anderen Ort eine Schranke geöffnet wird...
Hintergrund-Informationen und Quellen
Die Firma Proyectos Tecnológicos Extremeños S.L. scheint den Kurznamen Protecex selbst nicht mehr zu benutzen. Es gibt offenbar Namenskonflikte mit einer anderen Firma, die z.B. unter protecex.es im Internet Schuhe und Kleidung verkauft.
Die Abteilung der Firma Proyectos Tecnológicos Extremeños, die die automatischen Wohnmobil-Systeme entwickelt und vertreibt, ist im Internet unter areaspla.com zu finden, wobei ÁreasPla offenbar eine Abkürzung ist für "Áreas Puntos limpios para autocaravanas", also "Entsorgungsstationen für Wohnmobile".
Die eingesetzten Karten-Leser für den Bezahlvorgang sind Standard-Geräte der Firma Verifone, die den neuesten Sicherheitsstandard EMV beherrschen. Kreditkarten/Bankkarten mit Chip und PIN bzw. NFC-Funktion können genau so genutzt werden, wie Smartphones mit NFC-Geldbörse.